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Der Schmetterling ~ Nr.100 Sonntag, 14. Dezember 2025 0151-5737-5277 ~ www.lfl-siegen.de |
Zu tragen Geisteslicht in Weltenwinternacht
Erstrebet selig meines Herzens Trieb,
Dass leuchtend Seelenkeime
In Weltengründen wurzeln,
Und Gotteswort im Sinnesdunkel
Verklärend alles Sein durchtönt.
… finden dieses Jahr zwar ohne unsere Beteiligung statt, aber wir freuen uns sehr, dass die SchülerInnen der Rudolf Steiner Schule dieses Jahr selbst zum Zuge kommen:
Sonntag, 14. Dezember 2025
16 Uhr Paradeisspiel ~ geeignet ab 8 Jahre
17 Uhr Christgeburtspiel ~ geeignet ab 4 Jahre
Rudolf Steiner Schule
Kolpingstr. 3
57072 Siegen
… für die guten Wünsche zum Jubiläum! Es ist ein doppeltes Jubiläum, eine „Synchronizität“1: Der Schmetterling erreicht zur selben Zeit seine Nummer 100 (die ersten beiden Prototyp-Ausgaben sind verschollen), wo sich der unglückselige … ähäm … „Crash“, dem wir unsere Initiative zu verdanken haben, zum dritten Mal jährt. Ein drittes gewichtiges Ereignis kam letztes Jahr ebenfalls kurz vor Weihnachten hinzu: ein Todesfall, der uns sehr naheging.2
Vermutlich haben wir am Anfang des Schmetterlings gedacht, dass bei Nr. 100 unsere Schule schon steht!
Sei’s drum! Wir haben das Gefühl, dass wir uns sehr gut konsolidiert haben und genau wissen, was wir wollen. Lernen für’s Leben war der richtige Vereinsname. Und soll es bleiben, denn wie könnte das Lernen ein Ende haben?
Und nocheinmal kommen Fragen an uns heran, ob man nicht doch … sich aufeinander zubewegen könnte … etc. Wir verstehen das ja auch: mehrere ausführliche Artikel in hiesigen Lokalzeitungen, die die heftige Überlastung der Siegener Förderschulen thematisierten (jedenfalls im Bereich „Geistige Entwicklung“), legten dieser Tage die Frage nahe: Bedarf gibt es doch auch vor Ort! Können dann nicht Ressourcen und Kompetenzen, die in der Region liegen, besser gebündelt oder koordiniert und genutzt werden … ?
Wir können nur stets unsere Gesprächsbereitschaft erklären.3 Eine Korrektur der Geschehnisse, denken wir nach wie vor, wäre so oder so eine wirkliche Tat, mit ausstrahlender heilsamer Wirkung in verschiedenen Hinsichten. Doch sehen wir kein Anzeichen dafür. Das Tischtuch ist nicht von uns zerschnitten worden. Wir könnten gerne ein neues Tischtuch mitbringen, aber wir wüssten recht gut, wie es auszusehen hätte. Aus zwei Gesprächen der letzten Woche:
Ein begeisterter Vater an einer anderen Waldorfschule (in acht Jahren Klassenlehrerzeit alle 48 Elternabende besucht) meinte, diese habe danach „gemeint, sich neu erfinden zu müssen“, und seitdem sei Wertvolles verloren gegangen. Das sei doch mit uns vergleichbar. Unsere Klarstellung: Bei unserm sogenannten Crash war keinerlei Erfindergeist zu sehen, weder bei uns noch auf einer „anderen Seite“ ~ sondern Machenschaften von außen. Jetzt erfinden wir hoffentlich unsere neue Schule in der richtigen Weise, lernend auch aus der Vergangenheit, aber vor allem aus vielem Anderen.
Ein Berliner Freund berichtet Frustrierendes aus der Hauptstadt: die „institutionelle Anthroposophie“ sei am Ende, die Verbändewirtschaft sei lernunfähig wie ein träger Tanker …
Ja, das Trägheitsgesetz, eins der fundamentalsten „Gesetze“ der Physik! Angeblich kann kein Körper seinen Bewegungszustand ändern, wenn er nicht von außen gestoßen wird. Also alles so weitermachen wie bisher (und die Meinungen als „verhärtete Gedankenformen“ sichern dazu unsere Innerlichkeit, siehe letzte Woche). Steiner schrieb schon früh, das Trägheitsgesetz müsse richtig formuliert so lauten: „Ein Körper, der nicht aus sich selbst seinen Bewegungszustand ändern kann, heißt ein träger.“ 4 Denn dann kann man fragen, ob auf Gott selbst (den man früher, aus Verstandesnot heraus, den unbewegten Beweger genannt hatte) diese Definition zutrifft.
Nun ja, ein Schmetterling, das „liebe, leichte, luft’ge Ding“, hat ohnehin kaum träge Masse; er knallt nicht, wie die Vögel leider manchmal, gegen die Fensterscheibe. Und andererseits sprechen ernstzunehmende Forscher vom „Schmetterlingseffekt“, wo ein winziger Flügelschlag riesige Wirkung hervorrufen kann …
1 Eine „Synchronizität“ ist nach C.G.Jung ein zufälliges Zusammentreffen verschiedener Dinge ohne Kausalzusammenhang, die aber doch irgendwie einen Sinn anzudeuten scheinen. Rudolf Steiner hatte dieses Phänomen allerdings einige Jahre vorher konstatiert. ⇑
2 Der Schmetterling ist auch ein Bild, mit dem man mit Kindern über den Tod und die unsterbliche Seele sprechen kann. Lesen Sie hier in GA 304 📄. ⇑
3 Um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen: Wir fokussieren uns ganz klar auf das im Oberbergischen liegende Grundstück. Dies ist von den Einzugsbereichen her das Optimum, und nur auf ihm können wir unser naturpädagogisches Konzept verwirklichen. Die oben angetönten „soften“ Faktoren (ehemalige Schule, „institutionelle Anthroposophie“) haben also nichts mit der Standortwahl zu tun, sondern gehören einfach zum stimmungsmäßigen Rück- und Ausblick; auch unsere Gesprächsbereitschaft ist unabhängig von solchem Überbau. ⇑
Dem letzte Woche im Artikel über Selbstverwaltung kurz erwähnten Buch von Johannes Mosmann: Die erweiterte Demokratie wünschen wir wirklich mehr Verbreitung. Als Leser merken Sie, dass es ein gedrängtes Gestottere wird, wenn wir die Gedanken der Sozialen Dreigliederung in halbwegs verdauliche Bildschirmtexte packen wollen. Sie gehören aber zur Schulbewegung, und hier werden sie erarbeitet von einem jüngeren Denker, der auch bisher unbeachtete Zusammenhänge der Geschichte seit Steiner einbezieht, die vieles verständlich machen. Zugleich vermeidet Mosmann auch hier (wie in „Freie Schule“) das Missverständnis, die Dreigliederung sei sozusagen eine Spielwiesen-Folie für idealistische Anthroposophen, die damit ihre Gemeinschaften „strukturieren“ könnten („wir haben unser eigenes Rechtsleben“ etc.). Das Büchlein (99 Seiten) eignet sich zum konzentrierten Lesen im Lehnstuhl. Wer noch zögert, dem kann vielleicht die Buchbesprechung von Angelika Oldenburg in der Zeitschrift „Die Drei“ helfen.
In dieser Woche gibt es noch weitere Gelegenheiten, das Oberuferer Christgeburtspiel zu erleben. (Allgemeines zu den Oberuferer Spielen finden Sie hier.)